6. ECRI-Bericht über Rassismus und Intoleranz in Österreich: Wesentliche Empfehlungen zum Gleichbehandlungsrecht
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats erstellt für jeden ihrer Mitglieder alle 5 Jahre einen Bericht und Empfehlungen aus.
Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats erstellt für jeden ihrer Mitglieder alle 5 Jahre einen Bericht, in dem die Lage betreffend Rassismus und Intoleranz analysiert wird und spricht dabei auch Empfehlungen aus.
Im Juni 2020 wurde der 6. ECRI-Bericht über Österreich publiziert. Hier finden Sie einen Überblick über zentrale Empfehlungen die das Gleichbehandlungsrecht und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) betreffen:
- Zersplitterung des Gleichbehandlungsrechts: Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, aber auch die unterschiedlichen Schutzniveaus beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (fehlendes levelling up im GlBG) führen zu einer komplexen und fragmentierten Gleichbehandlungslandschaft in Österreich. Es kommt daher zu Rechtsunsicherheit. ECRI empfiehlt Gesetzesänderungen mit dem Ziel, das österreichische Gleichbehandlungsrecht zugänglicher und wirksamer zu machen. Die GAW versucht dies als Clearingstelle zumindest teilweise auszugleichen, lesen Sie hier den aktuellen Beitrag im GleichbehandlungsBlog dazu.
- Umfassenderes Mandat: Das Mandat der GAW soll nach Ansicht von ECRI expliziter auf "Hate Speech", Hautfarbe, Sprache, Staatsangehörigkeit, Geschlechtsidentität und intersektionelle Diskriminierung ausgedehnt werden. Es soll sichergestellt werden, dass dieses Mandat alle Bereiche des öffentlichen und privaten Sektors abdeckt, die in die Bundeszuständigkeit fallen. Grundsätzlich bietet das GlBG durch das Verbot von Belästigung teilweise Schutz gegen "Hate Speech". Mit dem Verbot von Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit können auch Diskriminierungen auf Grund der Hautfarbe, Sprache, Staatsangehörigkeit bekämpft werden. Das Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bietet ebenfalls Schutz gegen Diskriminierung auf Grund der Geschlechteridentität. Inwiefern intersektionelle Diskriminierung als Form der Mehrfachdiskriminierung anerkannt ist, ist nicht restlos geklärt. Auch die GAW würde in diesen Bereichen eine gesetzliche Klarstellung im Sinne der Rechtssicherheit begrüßen.
- Beteiligung der GAW im Gesetzgebungsprozess: Derzeit erfolgt der Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes an den Nationalrat gem § 23 GBK/GAW-Gesetz alle zwei Jahr durch die zuständigen Bundesminister_innen. Die darin enthaltenen Angaben der GAW über ihre Tätigkeit und Wahrnehmungen erfolgen zwar im unabhängigen Wirkungsbereich, ECRI empfiehlt aber dennoch, dass die Berichterstattung, im Sinne der Unabhängigkeit, von der GAW selbst erfolgen solle. Auch solle ihr aufgetragen werden Jahresberichte für Parlament und Regierung zu verfassen, die von diesen diskutiert werden, aber nicht von ihrer Zustimmung abhängen.
- Vollständige Unabhängigkeit der GAW: ECRI sieht die Unabhängigkeit sowohl der GAW als auch die der Gleichbehandlungskommission (GBK) institutionell und operativ nicht vollkommen gewahrt. ECRI sieht es als problematisch an, dass die GAW keine separate juristische Person außerhalb von Exekutive und Judikative ist, sondern dem Bundeskanzleramt zugeordnet.
- Mitwirkung in Gerichtsverfahren: Derzeit hat die GAW keine effektive Möglichkeit, Betroffene von Diskriminierung gerichtlich zu begleiten oder deren Situation durch Mitwirkung bei Gerichtsverfahren zu verbessern. ECRI empfiehlt daher, dass die GAW die Möglichkeit erhalten soll, diskriminierte Personen bei Institutionen und Gerichten zu vertreten, im eigenen Namen vorzutragen, in Rechtsverfahren als Amicus Curiae, Drittpartei oder Sachverständige zu agieren. Eine wesentliche Forderung der GAW ist es eine Verbandsklagerecht zu erhalten.
- Effektivität: ECRI empfiehlt außerdem dringend, dass die GAW und auch die GBK finanziell und personell besser ausgestattet werden. Die GAW verfügt derzeit über ein Jahresbudget für Informations-, Öffentlichkeits- und Bewusstseinsarbeit von € 70.000, damit ist es derzeit nicht möglich Untersuchungen und Veranstaltungen im größeren Umfang zu bewerkstelligen. Zudem wurden die Regionalbüros der GAW seit der Mandatserweiterung 2017 nicht personell aufgestockt und der GAW fehlt es immer noch an Personal für die Öffentlichkeitarbeit. Die Verbesserung der personellen und finanziellen Ressourcen stellen ebenfalls eine langjährige Forderung der GAW dar.
Den gesamten Bericht von ECRI finden Sie hier.
Die Forderungen der GAW finden sich in den Tätigkeitsberichten an den Nationalrat. Der aktuelle Tätigkeitsbericht für die Jahre 2018/2019 wird im Herbst 2020 erscheinen.