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Betriebsleitung untätig bei rassistischer Diskriminierung: GAW verhandelt Schadenersatz und unterstützt mit Nachschulung Fall des Monats Juli 2021

Vorfall

Herr D ist seit Jahren in der Haustechnik eines Krankenhauses beschäftigt. Nach einigen Jahren bekommt er einen neuen Vorgesetzten, den stellvertretenden Betriebsleiter Herrn V. Nur wenige Wochen später beginnt dieser, Herrn D gegenüber rassistische Äußerungen zu machen. Darunter befinden sich Witze über seine polnische Herkunft und seine Deutschkenntnisse bis hin zu Bemerkungen wie „Du hast die Schule in Polen gemacht, du kennst dich nicht aus.“ Auch bei der Arbeitsaufteilung wird Herr D benachteiligt: Herr V ordnet ihm besonders schwere und teils sinnlose Tätigkeiten zu, wie etwa das Auseinanderbauen von Geräten, die sowieso weggegeben werden. Auch weitere Kolleg:innen mit Migrationsgeschichte sind von Herrn Vs rassistischem Verhalten betroffen.

Als die Situation für Herrn D unerträglich wird, meldet er die Vorfälle dem Betriebsleiter. Dieser nimmt die Diskriminierung nicht ernst und setzt keine Schritte zur Abhilfe. Die belastende Situation erstreckt sich über drei Jahre, bis Herr D in ein Burnout schlittert. Er muss Psychotherapie und Rehabilitationsaufenthalte in Anspruch nehmen. Beim Versuch, nach der Behandlung ins Unternehmen zurückzukehren, erleidet er einen Rückfall, da sich die Arbeitsbedingungen nicht gebessert haben.

Beratung durch die GAW

Herr D fühlt sich aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert und wendet sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW). Diese verfasst ein Interventionsschreiben an den Arbeitgeber. In Vergleichsverhandlungen mit dem Arbeitgeber erreicht die GAW die Zahlung eines Schadenersatzes, der für Herrn D zufriedenstellend ist. Weiters vereinbaren der Arbeitgeber und die GAW die Abhaltung zweier Workshops zum Thema Diskriminierung und Belästigung für die Führungsebene und für das ehemalige Team von Herrn D. Dieser begibt sich nach seinem Krankenstand in den altersbedingten Ruhestand.

Rechtliche Hintergründe

Rassistische Belästigungen sind nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) verboten. Das Gesetz definiert sie als Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit, die die Würde der betroffenen Person verletzen, unerwünscht, unangebracht oder anstößig sind und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken (§ 21 Abs 2 GlBG). Ethnische Zugehörigkeit umfasst Merkmale wie Hautfarbe, Erstsprache oder Herkunft. Abschätzige Kommentare und Witze, wie jene von Herrn V, sind von § 21 GlBG erfasst (vgl. OGH vom 24.07.2013, 9 ObA 40/13t).

Arbeitgeber:innen, die von einer Belästigung wissen oder wissen müssten, sind verpflichtet, dagegen Abhilfe zu leisten. Wenn sie das verabsäumen, haben Betroffene Anspruch auf Schadenersatz. Auch gegen die Belästiger:innen haben sie diesen Anspruch – egal, ob es sich um Kolleg:innen, Vorgesetzte oder Kund:innen handelt. Für Betroffene ist es oft wichtig, dass strukturelle sowie Präventionsmaßnahmen implementiert werden. Daher können Schulungen, die Bewusstsein für Rassismus schaffen, zielführend und Teil einer Einigung sein.

Das GlBG verbietet Diskriminierung in allen Bereichen des Arbeitslebens (§§ 17, 18). Das umfasst auch die allgemeine Situation am Arbeitsplatz, dessen Ausstattung, die entgegengebrachte Wertschätzung sowie alle mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Umstände. (vgl. Entscheidung der Gleichbehandlungskommission (bundeskanzleramt.gv.at, PDF, 140 KB)). Auch eine diskriminierende Verteilung von Arbeitsaufträgen kann unter diesen Tatbestand fallen.

Diskriminierung und Burnout

Menschen, die am Arbeitsplatz Diskriminierung erleben, haben häufiger mit psychischen Problemen und stressbedingten Gesundheitsbeschwerden zu kämpfen. Als Resultat davon zweifeln sie oft an ihrem beruflichen Können. Das führt wiederum dazu, dass sie einem höheren Risiko für Ausgrenzung ausgesetzt sind (vgl. Gewalt und Diskriminierung am Arbeitsplatz (springer.com)). Es ist daher wichtig, diesen Kreislauf zu erkennen und durch konkrete Handlungsstrategien zu durchbrechen.

Fazit

Der Fall des Herrn D zeigt, dass Arbeitgeber:innen bei der Gestaltung eines fairen und guten Arbeitsklimas eine wesentliche Rolle zukommt. Sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass diskriminierendes Verhalten im Arbeitsumfeld unterbunden wird. Setzen sie präventiv Handlungen, um ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen, kann dies stressbedingte psychische und physische Gesundheitsbeschwerden der Belegschaft vorbeugen. Die Bereitschaft sich über Themen wie Antidiskriminierung weiterzubilden, kann für Unternehmen einen guten ersten Schritt in dieser Richtung darstellen.

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