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Anti-Schwarzer Rassismus

Über 90% der Betroffenen von Anti-Schwarzem Rassismus (ASR)  geben an, dass ihnen nicht geglaubt wird, wenn sie von Rassismus sprechen.1 Diskriminierungserfahrungen werden relativiert, Betroffene beschwichtigt und als besonders emotional, wütend oder aggressiv bezeichnet.

Was bedeutet Anti-Schwarzer Rassismus?

Der Begriff beschreibt Herabwürdigungen, Stereotype über und rassistische Diskriminierungen von Schwarzen Menschen afrikanischer Herkunft. Er bezieht sich nicht zwingend ausschließlich auf die Hautfarbe, sondern auf vielfältige Diskriminierungserfahrungen im Zusammenhang mit der zugeschriebenen „Ungleichheit“ Schwarzer Menschen und People of Colour (POC)2. So werden POC beispielsweise häufig auf Englisch angesprochen, da davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem Gegenüber um „Ausländer“ handle.  

In Österreich wird Rassismus oft zu Ausländerfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit, Xenophobie erklärt. Zur Angst vor dem Unbekannten. Das impliziert, Schwarze Menschen seien Anders, kein Teil des kollektiven Wir. Dieser Prozess, die Abgrenzung einer Einzelperson oder Gruppe („ihr“) von einer anderen Gruppe („wir“), nennt sich „Othering“.

Woher kommst du wirklich

99,1% der von Rassismus Betroffenen werden regelmäßig mit der Frage nach ihrer „wirklichen“ Herkunft konfrontiert.3 Und die Antwort scheint erst dann zufriedenstellend zu sein, wenn sie den Vorstellungen des Gegenübers entspricht. Durch Fragen wie diese wird den Betroffenen ihre Identität abgesprochen und die Annahme reproduziert, ein:e Österreicher:in hätte bestimmte äußerliche Merkmale, welche die Zugehörigkeit zu dem kollektiven Wir legitimiert. 

Auch körperliche Grenzen werden regelmäßig übertreten. Über 90% der Betroffenen von ASR erleben unerwünschte Griffe in ihre Haare. Dabei sind körperliche Berührungen ohne Einwilligung nicht nur grundlegend übergriffig: Die Exotisierung von BIPoC (Black, Indigenous, People of Colour) ist eines von vielen kolonialen Denkmustern, die aufgrund der ausbleibenden Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus bis heute bestehen bleiben.4 

Stereotypisierung 

Nicht nur im privaten Umfeld, auf der Straße oder im Arbeitsalltag, auch auf struktureller und institutioneller Ebene spiegelt sich koloniale Amnesie wider.5 Eine Langzeitstudie in der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen zeigte deutlich, dass die Studienteilnehmenden nach der Ausbildung zu Kommissar:innen eine „fremdenfeindliche“ Einstellung entwickelt haben.6 

Der Afrozensus-Report 2020, eine Befragung Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland, kam zu dem Ergebnis, dass 56,7% der von Anti-Schwarzem Rassismus Betroffenen schon gefragt wurden, ob sie Drogen verkaufen. Ebenso viele Personen wurden schon ohne Grund von der Polizei kontrolliert („Racial/Ethnic Profiling“).

Über 8 von 10 Befragten geben an, im Bereich „Geschäfte und Dienstleistungen“ in den letzten zwei Jahren regelmäßig Diskriminierungen ausgesetzt gewesen zu sein. Häufig wird PoC der Einlass in einen Club, das Eröffnen eines Bankkontos oder die Bedienung in einem Restaurant verweigert. 

Insbesondere Gesundheitsdienstleistungen sind von rassistischen Stereotypen geprägt:
Medizinische Bedürfnisse von Schwarzen Menschen werden oft, aufgrund der kolonial geprägten Vorstellung, sie seien körperlich resilienter, nicht berücksichtigt. Auch im Rahmen psychotherapeutischer Behandlungen sind von ASR betroffene Personen häufig Mikroaggressionen ausgesetzt und auch hier werden Rassismus-Erfahrungen abgesprochen und relativiert.

Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten des Afrozensus-Reports bekamen aus rassistischen Gründen, beispielsweise aufgrund des Nachnamens oder der Hautfarbe, eine Absage bei der Wohnungssuche. 
Weitere Informationen zu Diskriminierung beim Zugang zu Wohnraum finden Sie hier.

Underreporting

Laut einer Studie7 der Europäischen Grundrechteagentur (FRA) gab es zwischen 2016 und 2022 keine Besserungen in Hinsicht auf Diskriminierungen gegenüber Schwarzer Menschen.
Die Zahl an europaweit gemeldeten rassistischen Diskriminierungen stieg in den letzten Jahren tatsächlich um fast 10%.

Hier ist wichtig zu erwähnen: lediglich 4% der rassistisch motivierten Vorfälle werden bei dafür vorgesehenen Antidiskriminierungsstellen gemeldet. Grund dafür ist unter anderem die institutionelle Komponente des Anti-Schwarzen Rassismus. Betroffene entscheiden sich oftmals aufgrund negativer Erfahrungen dagegen, Diskriminierungen zu melden.8 Häufig fehlt es hier an Vertrauen, zeitlichen oder emotionalen Ressourcen. 

Nationale Aktionspläne gegen Rassismus

2020 sprach die Europäische Kommission eine Empfehlung für nationale Aktionspläne gegen Rassismus, im Sinne der Durban Declaration and Programme of Action9 aus. Die für die Mitgliedsstaaten gesetzte Frist, die gesetzlichen Maßnahmen zu berücksichtigen, endete 2022. In Österreich steht die Umsetzung noch aus. 

Das Black Voices Volksbegehren und ZARA fordern eine Miteinbeziehung von Community-Organisationen und unabhängigen Expert:innen, um eine adäquate Umsetzung des in den Aktionsplänen anvisierten Abbaus von institutionellem Rassismus zu gewährleisten. 

Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet rassistische Diskriminierungen in folgenden Bereichen: Arbeitswelt, Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, Bildung und Soziales.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft berät in diesen Bereichen vertraulich und kostenfrei. Bei unserer Beratung bieten wir eine rechtliche Einschätzung. Vermuten wir einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, besprechen wir gemeinsam mit den Menschen, die sich an uns wenden, welche Vorgangsweise am besten passt und welche rechtlichen Schritte sinnvoll sind. Die Betroffenen können zu jedem Zeitpunkt selbst entscheiden, ob sie eine Diskriminierung nur melden oder rechtlich dagegen vorgehen wollen.

Quellen und Verweise

1 Afrozensus 2020 - Report
2 Afrozensus 2020 - Report
3 Being Black in the EU – Experiences of people of African descent | European Union Agency for Fundamental Rights (europa.eu)
4 Bamgbala, C. (2022). War das jetzt rassistisch? Leykam.
5 Johnston-Arthur, A.E. (2010). „We have chosen to break that silence.“. Juridikum.
6 Hunold, D. & Wegner, M. (2020). Rassismus und Polizei: Zum Stand der Forschung. APuZ, 42-44.
7 Being Black in the EU – Experiences of people of African descent | European Union Agency for Fundamental Rights (europa.eu)
8 ZARA Rassismus Report 2022
9 22. Durban Declaration and Programme of Action (2001) | OHCHR

Zur Autorin des Blogeintrags

Therese Esezobor ist aktives Mitglied im Verein Afrikanische Diaspora Österreich (ADOE) und arbeitet in der Gleichbehandlungsanwaltschaft unter anderem in der Vernetzung mit der BIPoC Community in Wien.