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Gleichbehandlungsstellen – auf dem Weg zu einer Richtlinie

Für die Europäische Kommission sind Gleichbehandlungsstellen die „Watchdogs“, die für die Umsetzung und Einhaltung der Gleichbehandlungsrichtlinien in den Mitgliedsstaaten maßgebend und wesentlich sind. Die Richtlinien machen nur wenige Vorgaben, weshalb die nationalen Gleichbehandlungsstellen hinsichtlich Mandat, Unabhängigkeit oder auch Effektivität sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Nun sollen verpflichtende Richtlinien für Standards für Gleichbehandlungsstellen entstehen.

Erstmals verlangte die Anti-Rassismusrichtlinie (RL 2000/43/EG) in Art 13 Anfang der 2000er Jahre von den Mitgliedsstaaten, „Stellen befasst mit der Förderung der Gleichbehandlung zu bezeichnen“. Diese Stellen sollten unabhängige Beratung und Unterstützung für Diskriminierungsopfer bieten, unabhängige Untersuchungen durchführen, unabhängige Berichte veröffentlichen und Empfehlungen vorlegen. Die Verpflichtung, Gleichbehandlungsstellen einzurichten, finden sich in auch in anderen Gleichbehandlungsrichtlinien (z.B. RL 2006/54/EG, 2004/113/EG, 2010/41/EU, 2019/1158/EU) und zuletzt auch im Richtlinienentwurf zur Einkommenstransparenz. Mittlerweile wurde die Verpflichtung erweitert und sieht eine Vernetzung und einen Austausch mit den entsprechenden europäischen Einrichtungen vor.

Equinet, das europäische Netzwerk für Gleichbehandlungsstellen, hat sich aus der Vernetzung zu einzelnen Projekten von bereits bestehenden Gleichbehandlungsstellen seit 2002 entwickelt und wurde 2007 als fixes Netzwerk mit Sitz in Brüssel gegründet. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) ist Gründungsmitglied, gestaltet die Entwicklung des Netzwerks nachhaltig mit und ist mittlerweile bereits seit 14 Jahren im Vorstand vertreten.

Die Entwicklung von Standards für Gleichbehandlungsstellen

Gerade Equinet hat sich, aufgrund der wenigen Vorgaben durch die Richtlinien, seit 2015 massiv für Standards für Gleichbehandlungsstellen eingesetzt. 2016 legte Equinet erstmals einen Baukasten für die  Standards vor, die unerlässlich sind, um sicherzustellen, dass Gleichbehandlungsstellen ihr volles Potenzial ausschöpfen können und so eine diskriminierungsfreie, diverse und inklusive Gesellschaft gestalten. Auf dieser Grundlage hat 2017 zunächst der Europarat und 2018 die Europäischen Kommission Empfehlungen zu Standards abgegeben.

Darüber hinaus kündigte die Europäische Kommission auch im EU-Aktionsplan gegen Rassismus 2020-2025 an, eine umfassende Bewertung des bestehenden Rechtsrahmens vorzunehmen und den potenziellen Bedarf an Rechtsvorschriften zur Stärkung der Rolle und der Unabhängigkeit von Gleichbehandlungsstellen zu prüfen.

In dem seit diesem Jahr vorliegenden Bericht zur Überwachung der Umsetzung und Anwendung der Anti-Rassismusrichtlinie und der Gleichbehandlungs-Rahmenrichtlinie legt die Europäische Kommission einen weiteren Bericht zur Überprüfung der Implementierung der bestehenden Empfehlung zu Standards für Gleichbehandlungsstellen vor.

Die Europäische Kommission hat nun beschlossen, Ende 2022 Richtlinienvorschläge zu Standards für Gleichbehandlungsstellen vorzulegen und veröffentlichte dafür eine „Roadmap“. Im Sommer 2021 war ein erstes Feedback möglich, bei dem die Gleichbehandlungsanwaltschaft unter anderem die Notwendigkeit der Erreichbarkeit durch regionale Stellen hervorhob (zum GAW-Feedback).

Welche Standards für Gleichbehandlungsstellen werden thematisiert?

Die Richtlinienvorschläge der Europäischen Kommission sollen folgende Bereiche betreffen:

  • Ein umfassendes Mandat, den Diskriminierungsschutz für alle Gründe in allen Lebensbereichen sicher zu stellen
  • Kompetenzen mit einem speziellen Blick auf Klagsrechte
  • Ausreichende personelle, finanzielle und technische Ressourcenausstattung
  • Sicherstellung der Unabhängigkeit
  • Sicherstellung der Effektivität
  • Sicherstellung der niederschwelligen Erreichbarkeit, z.B. durch regionale Stellen
  • Standards für Datensammlung hinsichtlich Vergleichbarkeit auf EU-Level
  • Sicherstellung von Kooperation und Koordination der Stellen auf nationaler und internationaler Ebene

Zudem muss in den Richtlinien ein Überprüfungsmechanismus und ein Akkreditierungssystem sichergestellt werden.

Equinet Projekt zur Implementierung von Standards

Equinet entwickelt durch eine Projektgruppe seit 2018 Indikatoren für die Standards der Gleichbehandlungsstellen. Es liegen bereits Indikatoren für Mandat und für Unabhängigkeit vor. In diesem Jahr will die Projektgruppe deren Anwendungstauglichkeit prüfen. Fünf Gleichbehandlungsstellen – darunter auch die GAW – werden ihre eigenen Standards hinsichtlich Mandat und Unabhängigkeit anhand dieser Indikatoren in einem Self-Assessment evaluieren. Die Ergebnisse sollen mit der Europäischen Kommission geteilt werden, um den Gesetzwerdungsprozess zu unterstützen und praktikable Überwachungsmöglichkeiten etwaiger Richtlinien anbieten zu können.

Wie geht es weiter?

Das Equinet-Projekt setzt auch weitere Schritte zur Entwicklung von Richtlinien. Equinet wird die Ergebnisse Anfang nächsten Jahres in einem „Report for usability of equinet´s indicators“ der Europäischen Kommission vorlegen. Diese werden im Gesetzwerdungsprozess berücksichtigt. Die Europäische Kommission wird zudem den regelmäßigen Austausch mit Equinet pflegen.

Weiters wird es von November 2021 bis März 2022 eine „Open public Consultation“ geben. Wichtig ist, dass möglichst viele Gleichbehandlungsstellen daran teilnehmen. Es sind seitens der Europäischen Kommission Gespräche mit allen Gleichbehandlungsstellen vorgesehen sowie einschlägige Workshops zu einem Überprüfungsmechanismus, einem Akkreditierungssystem und für die Datensammlung. Daraus soll ein zusammenfassender Bericht entstehen, der bei einer Online Konferenz im April/Mai 2022 präsentiert wird.

Im letzten Quartal 2022 legt die Europäische Kommission die finalen Richtlinienvorschläge vor. Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen wird es zwei Richtlinienvorschlägen geben:

  • einen Vorschlag für die Gründe ethnische Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und Alter (stützt sich auf den Art 19 AEUV)
  • und einen weiteren für Geschlecht, der sich auf Art 157 Abs 3 AUEV stützt.

Die erste Richtlinie muss einstimmig, die zweite Richtlinie kann mit einer Mehrheit im Rat beschlossen werden.

Was muss bei der Richtlinienregelung beachtet werden?

Equinet hat „Key Elements“ für mögliche Richtlinien definiert. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf folgenden Punkten:

  • Es soll eine engagierte und ambitionierte aber auch realistische Vorlage entstehen.
  • Der Entwurf soll die Diversität der Gleichbehandlungsstellen beachten.
  • Es sollen Regelungen entstehen, die einen tatsächlichen Überprüfungsmechanismus ermöglichen.
  • Die Standards sollen ein umfassendes Mandat für die Gleichbehandlungsstellen vorsehen.
  • Die Standards sollen Gleichbehandlungsstellen mit adäquaten Kompetenzen stärken.
  • Die Koordination und Kooperation im Schutz vor Diskriminierung und vor Ungleichheit soll abgesichert sein.
  • Die Standards sollen Gleichbehandlungsstellen mit voller Unabhängigkeit ausstatten.
  • Die Standards sollen für Gleichbehandlungsstellen adäquate Ressourcen fordern.
  • Die enge Zusammenarbeit der Gleichbehandlungsstellen durch das Netzwerk Equinet muss abgesichert sein.

Die GAW wird diesen Prozess aktiv mitgestalten und in weiteren Gleichbehandlungs-Blogs darüber berichten!