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„Es ist zu früh“, über das Gehalt zu sprechen: Erfolgreiche Intervention bei Entgeltdiskriminierung Fall des Monats Oktober 2021

Vorfall und Unterstützung

Frau L ist seit über drei Jahren in einem IT-Unternehmen beschäftigt. Nach ihrer Karenz erhält sie eine neue, höherwertige Stelle – sie übernimmt eine Abteilungsleitung und damit neue Aufgaben und Verantwortungen. Als sie mit ihrem Vorgesetzten über ihr Gehalt sprechen möchte, weist dieser sie mit den Worten „es ist zu früh“, sie sei erst zu kurz aus der Elternkarenz zurück, ab. Zwei Monate später gibt er ihr dieselbe Antwort.

Kurz nach Frau Ls Rückkehr aus der Karenz war auch ein neuer Kollege, Herr H, ins Unternehmen eingestiegen. Auch er übernahm eine Abteilung. Durch Zufall erfährt Frau L, dass er deutlich mehr verdient. Sie spricht ihren Vorgesetzten darauf an, der das Gespräch ablehnt – mit der Begründung, er dürfe darüber keine Auskunft geben. Frau L fragt daher Herrn H selbst, der ihre Vermutung bestätigt. Sie wendet sich an die GAW, die bei ihrem Arbeitgeber mit einem Schreiben interveniert. Dieser sieht ein, dass die Situation ungerecht ist, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts will er aber nicht erkennen. Frau L kann einen Vergleich verhandeln und erhält eine Entschädigungszahlung in der Höhe der Differenz zwischen ihrem und Herrn Hs Gehalt.

Rechtliche Hintergründe

Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit

Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) verbietet Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts unter anderem im privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnis (§ 3 GlBG). Dort gilt der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche und gleichwertige Arbeit (§ 3 Z 2 GlBG). Für die Vergleichbarkeit ist die Tätigkeit ausschlaggebend. Gehaltsunterschiede aufgrund von Berufserfahrung und Ausbildung (EuGH WGKK C- 309/99) können beim Entgelt berücksichtigt werden.

Frau L und Herr H sind beide Abteilungsleiter:innen im selben Unternehmen, sie verrichten die gleichen Tätigkeiten, tragen die gleichen Verantwortung und verfügen über ähnliche Ausbildungen und Berufserfahrung. Die GAW erkennt daher den Anspruch auf gleiches Entgelt.

Höheres Gehalt aufgrund erwarteter Leistungsfähigkeit?

Während der Vergleichsverhandlung hat sich in Frau Ls Fall der Verdacht erhärtet, dass die Gehaltseinstufung im Unternehmen wesentlich von der Beurteilung der erwarteten Arbeitsleistung abhängt. Dieser Ansatz ist diskriminierungsanfällig ­­– das kann nämlich zu der sexistischen Unterstellung führen, dass Männer leistungsfähiger wären. Leistungsfähigkeit kann ­– wie ein richtungsweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorgibt (EuGH Brunnhofer, C-381/99)nur im Nachhinein und anhand objektiver Kriterien überprüft werden.

Fazit

Frauen verdienen nach wie vor deutlich weniger als Männer. 2019 lag der Gender Pay Gap in Österreich bei 19,9% und damit deutlich über dem EU Schnitt (EU-27) von 14,1 Prozent. (Quelle: Einkommen (statistik.at)). Auch 2021 arbeiteten Frauen in Österreich im Durchschnitt 52 Tage gratis (siehe: Equal Pay Day).

Frau L konnte ihre Situation verbessern. Sie ist zuversichtlich, dass sie mit der Intervention bei ihrem Arbeitgeber nachhaltig zu mehr Einkommensgerechtigkeit im Unternehmen beigetragen hat. „Der Job, den sie machen, ist sehr wichtig! Durchgesetzte Gleichberechtigung und Gleichbehandlung sind ein Eckstein für starke Frauen mit Mitspracherecht. Die Intervention hat auch meinen Kolleg:innen zukünftig geholfen, davon bin ich überzeugt. Ich trinke heute einen Kaffee auf Sie und Ihre Kolleg:innen!“, bedankt sich Frau L bei ihrer Gleichbehandlungsanwältin.

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